Freitag, 20.06.2025
Plötzlich war es morgen und die Sonne blinzelte schon hell durch die Vorhänge des Hotelfensters. Wird wieder warm heute im flachen, französischen Rheintal. Zuerst stand aber das wunderbare Frühstück an im bunten Hotel Paul & Pia. Ab halb acht fanden sich nach und nach alle ein. Was wird der Tag heute bringen? Hier und da zwickt es noch etwas im Schritt von der gestrigen durchaus langen Tour.
Startzeit in Colmar als machbare Vorgabe war 9:30h. Einpacken und Aufbruch war angesagt. Zum Glück nochmal ins Bad nachgeschaut, sonst hätten wir die Zahnpasta vergessen. Bikes aufgeschlossen, Satteltaschen eingeklickt und einen Dank an die Hotel-Rezeption ausgesprochen. Jeder hatte noch etwas mit sich zu tun. Dann standen die 18 Räder betriebsbereit vor dem Hotel.
Frankreich morgens um halb Zehn. Und los ging´s. Wir schlängelten uns so langsam heraus aus Colmar´s Norden auf den EuroVelo 5 (Veloroute du vignoble) in Richtung Sélestat. Links begleiteten uns die nahen Berge der Vogesen, rechts war im sonnigen, diesigen Dunst der Schwarzwald auszumachen und etwas im Vordergrund ein Berg mit einem Funkmasten auf dem Gipfel. Der Kaiserstuhl, da sollten wir nachmittags noch vorbeikommen. Was, so weit fahren wir heute?
Jetzt genossen wir aber erstmal die flachen Kilometer in Richtung Norden durch verschiedenste Weinanbaufelder, ja Weinanbau im Flachen.
Auf dem EuroVelo5* sind es noch 18,5 Km bis Sélestat.
Angenehmer Wind gab der vormittäglichen Fahrt etwas Frische, die sich über den weiteren Tag verflüchtigte. Mehrere Burgen in den Vogesenwäldern wachten über unsere Fahrt, eine aber toppte alles. Die Hautkoenigsburg ganz oben auf dem Bergkamm war in Größe und Mächtigkeit vom Tal aus nicht zu übersehen.
Haut Koenigsburg, einer der meist besuchten Orte Frankreichs.
Link zur Beschreibung Hochkönigsburg...
Wir blieben im Tal und fuhren weiter bis Sélestat, einer Stadt mit tollem, alten Kern, den wir einmal unorthodox durchfuhren. An einen Halt war natürlich nicht zu denken, zu viele Kilometer noch vor uns.
Stefan und Uli in Sélestat (Schlettstadt)
So eine Tour bietet immer Überraschungen. Eine davon war die Weiterfahrt bis Sasbach. Wir wechselten die Richtung von Norden nach Osten und aus dem "versprochenen" Radweg auf dieser Verbindungsspange wurde leider nichts. Es waren schon 10, 12 Km, eher mehr, die wir dann auf einem zwar gut abgetrennten Radstreifen fuhren. Es war aber eine Hauptstraße. Der eine oder andere LKW brachte dann ordentlich Wind von vorne als auch von hinten mit, den Lenker ganz fest im Griff. Auf jeden Fall wurde auch diese Passage von der gesamten Gruppe souverän gemeistert.
Nach der Querung des Rheins mit abenteuerlicher Straßenführung bei der Staustufe und den Kraftwerksbauten sowie dem Altrhein waren wir wieder auf deutscher Gemarkung ganz nahe Sasbach im Kaiserstuhl. Unser Armin kannte sich hier aus und führte uns sicher zu einer schattigen Pausen-Destination nahe und über dem Rhein, die reichlich Platz bot. Sehr schön!
Pause an einem schattigen Platz bei Flammkuchen, Kaltgetränken und natürlich guten Gesprächen
Gegen zwei Uhr nachmittags ging´s dann weiter Richtung Königschaffhausen. Jetzt tat sich der Kaiserstuhl vor uns auf. Was für ein Erlebnis! Nächstes Ziel war der bekannte Texaspass (385m) von Kiechlingsbergen aus. Nicht jeder wußte, was genau da auf uns zu kommen sollte. Ich auch nicht. Die Steigungsprozente zogen nun ordentlich an bis stellenweise 18%, die Fahrt wurde merklich langsamer.
Das war vor allem für unsere Bio-Biker eine lohnende Herausforderung. Und das bei dieser Hitze. Dafür spendete der Wald etwas Schatten. Man hatte nun gut und lange mit sich selbst zu tun. Irgendwann waren dann auch alle oben. Zum gemeinsamen, etwas späteren Bild auf der Passhöhe konnte jeder in der Gruppe wieder selbständig atmen.
Auf dem Texaspass. Das rotgepunktete Bergtrikot Trikot ist dort fest montiert. Im Hintergrund lauerte schon der nächste Gipfel, auch den gingen wir an. Stehend von links: Roland Wissler, Roland Martin, Lutz Ungethüm, Uwe Bartram, Armin Mülhaupt, Wolfgang Meyer, Stefan Rimmele, Ludwig Weinkötz (gebückt), Peter Ruppelt, Fritz Hauser, Christian Wagner, Martin Ruppelt. Vordere Reihe: Thomas Ruppelt, Joachim Stoll, Uli Rotzinger, Achim Fischer, Karlheinz Gantert.
Was jetzt folgte war eine fantastische Abfahrt bei hochsommerlichen Temperaturen. 18 Räder surrten hintereinander wie Perlen an einer Kette über die geschwungenen Kurven hinab ins Tal.
Einfach zum Geniessen: Die Abfahrt vom Texaspass nach Oberbergen. Bild hat unser Christian Wagner gemacht.
An Oberbergen vorbei führte uns der Radweg nach Bickensohl. Hier drohte der Abzweig hoch zum Totenkopfgipfel mit nochmals ordentlich Höhenmetern. 10 E-Biker und 4 Bio-Biker stellten sich der Aufgabe bis hoch auf den Neulindenturm auf 520m. Gut zu tun hatten nun alle. Vor allem der Ludwig, Roland, Peter und Thomas, die ebenfalls mit Gepäck aber ohne Motor Rampen aller Art überwanden. Oben erwartete uns eine Müsliriegel-Pause und eine atemberaubende Aussicht auf Freiburg im Breisgau und den Schwarzwald. Schauinsland und Feldberg waren namentlich zu erkennen.
Gut gelaunt nach den Strapazen. Auf dem Neulindenturm in der Nähe des Totenkopfgipfels mit toller Aussicht.
Die Abfahrt danach war nur teilweise auf demselben Weg. Irgendwann bogen wir ab und fuhren nun durch die schönen Weinberge hinab nach Bickensohl.
Abfahrt vom Totenkopf erst durch den Wald, dann durch die Weinberge
Die vier restlichen Kameraden trafen wir dann in einer perfekt passenden Straußenwirtschaft, in welcher wir nun bei Kaffee, Kuchen und etwas Wein eine nötige, schöne, lustige und längere Pause einlegten.
In Bickensohl mit einem kühlen Glas
Hier hätten wir noch weiter verweilen und den Tag gar beschliesen können. Aber: So ist es halt auf unserer Radtour. Es geht weiter, immer weiter. Und das ist gut so, weil unser Reigen an schönen und neuen Eindrücken war für heute noch nicht vorbei. Das reizvolle Breisach direkt am Rhein war das Tagesziel und bis dahin gab es noch ein paar Kilometer zu bezwingen.
Der weitere Weg durch die Weinberge führte auf und ab bis Achkarren über schön geschwungene und zum Teil in die Berge eingeschlagene Straßen. Zum Abschluss mit einer erneut rasanten Abfahrt. Das Stephansmünster in Breisach war bei genauem Hinschauen bereits zu erkennen. Wir kamen über die nördliche Rheinseite bis zur Altstadt mit ihren schönen Plätzen. Waren wieder spät dran. Noch 1000m bis zum Hotel auf einer Rheininsel zwischen dem begradigten und dem alten Rhein. Sehr schön gelegen, sehr schöne Zimmer. Und wieder eine Überraschung: Drei- und Vierbettzimmer erwarteten uns. War mir bekannt, ging nicht anders. War auch kein Problem.
Vorne in der Mitte das Hotel Caballin mit Blick auf den Teich, rechts Breisach mit Stephansmünster. Ganz rechts der Kaiserstuhl.
Das ausgemachte Abendessen um halbacht war nicht zu schaffen. Nach komplettem Check-Inn und einer traumhaften Dusch-Session war es 20:15h bis wir uns zum Tagesabschluss trafen.
Die Jungen bei einer ersten Erfrischung. Florian, Thomas und Peter
Die ganze Tafel im Hotel "Le Caballin" in Vogelgrun vor den Toren Breisach´s
Die Vorspeise: Ein Zwiebeltörtchen, warm und sehr fein
Zum Hauptgang wurde eine Pastete mit Teigwaren kredenzt und das Dessert war irgendetwas mit Vanillesauce.
Ja, wir hätten noch einige Veranstaltungsmöglichkeiten am Freitagabend gehabt. In Breisach selbst war eine Sonnenwend-Feier. Da schauten unsere Jungen kurz nach dem Rechten. Das Weinfest im nahen Ihringen (mit Shuttelbus) wurde uns auch wärmstens ans Herz gelegt. Nach erlebnisreichen 85 Km waren ein letztes Bier auf der warmen Hotelterrasse ein komfortabler, gemeinsamer Abschluss. UND: Morgen früh geht es ja wieder weiter, immer weiter!
Schöne Allee zwischen Colmar uns Sélestat.
Es sind Ulmen, keine Birken. Hat mir Armin versichert.
Päuschen im Schatten auf dem EuroVelo5*
Achtung: Anderes Gruppenbild, etwas unterhalb der Texaspasshöhe. Vordere Reihe von links: Armin Mülhaupt, Roland Martin, Wolfgang Meyer, Ludwig Weinkötz, Joachim Stoll, Uwe Bartram, Peter Ruppelt (Craft), Achim Fischer, Karlheinz Gantert (Liebherr), Lutz Ungethüm, Martin Ruppelt, Roland Wissler, Florian Gantert, Stefan Rimmele. Ganz obere Reihe: Christian Wagner, Thomas Ruppelt, Uli Rotzinger, Fritz Hauser.
Der unscheinbare Neulindenturm. Ist vom Tal aus nicht zu sehen....
...ganz anders der bekannte Fernmeldeturm im Hintergrund, nicht weit vom Neulindenturm. Hier mit Lutz Ungethüm.
*EuroVelo - Das Radrouten-Netz in Europa
Das europäische Radrouten-Netz Eurovelo ist ein Projekt des Europäischen Radfahrer-Verbandes ECF. Bis 2020 entstanden Radfernwege mit einer Gesamtlänge von über 90.000 Kilometern. Das Ziel ist die Infrastruktur sowohl für den Fahrradtourismus als auch für die lokale Bevölkerung auszubauen. Das EuroVelo-Netz besteht aus 17 Strecken: zehn Nord-Süd-Wegen, fünf West-Ost-Wegen und zwei Rundwegen.
Quelle: Wikipedia
*EuroVelo5
Am Freitag, 20.06.2025 sind wir ein Teilstück des EuroVelo 5 gefahren von Colmar bis Sélestat. Aber was ist der EuroVelo5 und von wo bis wo geht er? Der EuroVelo5 beginnt in Canterbury, westlich von London und führt über 3200 Km nach Bindisi in Italien (siehe Karte).
Vor über 1000 Jahren nahmen Pilger regelmäßig den weiten Weg von England nach Rom auf sich. Hinter der Ewigen Stadt ging es weiter nach Jerusalem durch den Hafen von Brindisi, entlang der historischen Via Appia. Jetzt können Sie ihren Spuren folgen, indem Sie mit dem Rad EuroVelo 5 - Via Romea Francigena bereisen, unsere 3.200 km lange Version dieser legendären Route.
Die Route führt durch sieben verschiedene Länder und verbindet viele Kathedralen, Kirchen, Denkmäler und Museen, die uns an die langjährige Bedeutung dieses Pilgerwegs erinnern. Sie verbindet auch die Sitze einiger der wichtigsten europäischen Institutionen: Brüssel, Luxemburg und Straßburg sowie Rom - zweifellos der Geburtsort der Europäischen Union mit der Unterzeichnung des Vertrags von Rom im Jahr 1957. Egal ob Sie eine kurze Pause oder ein langes Abenteuer anstreben, EuroVelo 5 - Via Romea (Francigena) bietet für jeden etwas!










