BRM 2025 = Bodensee-Radmarathon
Wenn die Bodensee-Rundfahrt ansteht im September ist das ein untrügliches Zeichen dafür, dass die Saison dem Ende entgegen geht.
Heißt aber auch, dass man nun die ganzen Jahres-Kilometer, sprich Kraft in den Beinen hat und nun nochmals alles raushauen kann, auf der Gold-, Silber- oder Bronze-Tour. So geschehen am letzten Samstag.
Ich war als "Ein-Mann-Gruppe" unterwegs und als solche mit meinem Rennvelo (Bio-Ausführung) um 7:45h am Start auf meinem Weg um den Bodensee. Ja, das versprach spannend zu werden.
Als Einstiegsort für meine Silber-Tour mit 150 Km wählte ich Tägerwilen (CH), unweit von Konstanz. Der nächste Verpflegung-Posten war bereits oberhalb von Meersburg, gar nicht mal so weit. Es ging erst durch Konstanz und mit der Fähre über den See.
Zehn nach Acht. Warten auf die Fähre nach Meersburg.
Im Hintergrund kommt sie. Wird 8:40h bis es dann los geht.
In Meersburg angekommen reichte die Zeit nach Verlassen der Fähre kaum, um die kalten Muskeln wieder warm zu kriegen, denn dann ging´s rechts hoch über den Gehauweg zum BERGPREIS des Radmarathons, der nun offiziellen „Mur du Bodensee“, maximal 17 Prozent waren zu bewältigen.
mur du bodensee - Die Mauer am Bodensse,
als "kurz" angekündigte Steigung mit durchschnittlich 10,4%.
Max 17%. War gar nicht mal so kurz.
Einige Zeitgenossen hatten ihr Velo auch hoch geschoben. Kein Witz.
Am Posten ließ ich meine Karte stempeln mit einem „M“ für Meersburg. Bei der Rundfahrt hat alles seine Ordnung.
Der Weg von Meersburg bis Kressbronn führte meist durch das nördliche Hinterland des Bodensees. Durch Apfel- und Obstplantagen, auch am Tettnanger Hopfen kamen wir vorbei. Und eben dieses Hinterland ist enorm wellig, mit vielen Aufs und vielen Abs, was sich auf dem Zähler der Höhenmeter positiv niederschlug. Von wegen um den Bodensee geht´s ja eh nur flach. Am Ende des Tages waren das knapp 1100 Höhenmeter, hört, hört.
Vormittags war der Säntis ständiger Begleiter.
Bei KM 63 war der nächste Halt in Kressbronn. Richtig: Hier wurde ein „K“ gestempelt. Pause war angesagt. Auffüllen der Bidons mit Isostar, normalerweise trinke ich nur Wasser. Allerdings wollte ich Krämpfen vorbeugen. Es fing schon leicht an zu zündeln am hinteren Beinbeuger. Noch kein Gewitter im Muskel, eher ein entferntes Wetterleuchten.
Und natürlich oberwichtig: Essen. Vesper hatte ich dabei, außerdem gab es reichlich Versorgung mit Obst, Riegeln, Nüssen, Trockenfrüchte, Keksen usw.
Mittagspause in Kressbronn. Käseweckle und Isostar.
Letzten Sonntag waren Achim und ich ja auf dem Albula-Pass unterwegs. Achim war immer etwas unsicher bei den vorbeiziehenden Rennrädern. Ob das schwarze Dreiecks-Gebilde vorne unter dem Oberrohr tatsächlich eine Tasche war oder – wie vermutet - gar ein Akku? Auf der Passhöhe sprach ich ob dieses Sachverhaltes wahllos einen Herrn mit E-Rennrad an, um das abschließend zu klären.
Es war eine Tasche, an der Stelle des Bidons jedoch war bei ihm wirklich ein RangeExtender formschön verbaut, also ein „ReichweitenErweiterungsAkku“. „Und? Gut zu fahren?“. „Ja, funktioniert sehr gut, sind 250 KW mehr. Besten Dank.“ Wir fachsimpelten noch etwas und wünschten uns dann einen schönen Sonntag. Ende der Geschichte. Fast.
Heute, Pause in Kressbronn. Kann das sein? Da vorne steht er doch. Der Felix vom Albula-Pass mit seinem RangeExtender. Ich gehe hin und spreche ihn an. „Ja, wir hatten uns letzten Sonntag gesehen auf dem Albula. Und wie läuft´s heute?“ Und dann stehen auch noch unsere Räder am exakt gleichen Radständer angelehnt. Zufälle gibt´s, unglaublich!
„Und? Morgen am Sonntag sehen wir uns am „Klausen-Monument“?“ wollte er wissen. Bin nicht sicher, ob mir das gelingen wird, morgen die autofreie Passstraße zu fahren.
Plötzlich kam die Sonne raus. In voller Pracht und Wärme. Es war schon nach elf Uhr. Beinlinge und Jacke konnten für heute weggelegt werden. Allerdings hätte ich heute Morgen im frischen Tägerwilen auf diese wärmenden Accessoires keinesfalls verzichten wollen, so wie dieses Hardcore-Rennfahrer-Paar im Partner-Look, das sich schon um 7:30h in kurz, kurz auf den Weg machte. Und das waren beileibe nicht die einzigen. (kurz, kurz = Kurze Ärmel, kurze Hosen).
Auf zur nächsten Etappe. 53 Km nochmals durch´s Gäu, über Bregenz bis nach Altenrhein in der Schweiz. Von Kressbronn am Bodensee ging´s wieder ins obere Hinterland ohne Bodensee. Die Steigungen blieben nahrhaft, immer mit Blick auf die Bergwelt rund um den Säntis.
Hinter der Ortschaft Schlachters führte der Weg erholsam bergab, nur kurz. Nach dem Grenzübergang Hohenweiler im tiefen Tal des Rickenbaches ging es anstrengend nach oben, noch hoch bis zur Ortsmitte Hohenweiler. Dort lagen die groben Höhenmeter erst mal hinter uns Radonneuren.
Blick auf den Bodensee und Säntis von Osten her.
Es folgte eine angenehme Passage unterhalb des Pfänders mit Blick auf den östlichen Bodensee bis hinunter nach Lochau auf Seehöhe 404m. Die Fahrt durch Bregenz auf der Durchgangsstraße war flach und unruhig. Viele Autos, viele Ampeln, die den Rhythmus unterbrachen aber auch für jeweils kurze Pausen sorgten. Dadurch ergaben sich ad hoc immer wieder neue Gruppen, in denen man im Windschatten „mitschwimmen“ konnte, so lange man das gleich wieder angeschlagene Tempo eben halten konnte.
Diese Rundfahrt selbst ist ja kein Rennen. Die Dynamik des Events während des Tages ließ aber durchaus den Verdacht aufkommen, als ginge es um jede 1/10-Sekunde und fast alle außer mir hießen Tadej Pogacar oder Jonas Vingegaard.
Deshalb gibt es auch nur wenige Bilder. Hatte einfach zu wenig Zeit für Fotostopps. Bitte um Verständnis.😉
Da fuhr ich stolz mit angezeigten und sehr ordentlichen 32 km/h über die Altrheinbrücke. Du hörst hinter Dir ein lauter werdendes Surren, dann ein wsch, wsch, wsch, wsch, wsch in enger Taktung und dieser Fünfer-Zug mit edlen Canyon-Rennmaschinen mit gefühlten 45 km/h - eher mehr – war an Dir vorbeigeflogen. Boah ey.
Nun denn, das hat mich nicht aus der Bahn geworfen, eher meinen Kompas wieder mal neu eingenordet. Das Durchdrücken hoher Gänge gehört immer noch zu meinen Kernkompetenzen. Offenbar kommt am Hinterrad nicht mehr so viel an. Ob es dafür einen Grund gibt? Mir will einfach keiner einfallen. Vielleicht muss ich mal ernsthaft den Antriebsstrang prüfen.😎
Das Gas geben den See entlang hat richtig Spaß gemacht, dennoch hatte ich mich gefreut auf den Posten Altenrhein, in unmittelbarer Nähe des Flughafens bei Kilometer 108. „Zucker und Salz, Gott erhalt´s“. Ist möglicherweise nicht das Originalzitat, trifft es ab Km 100 aber voll und ganz.
Boullion wurde in Pappbechern gereicht. „Isch no chalt, mir händ de Kübel grad erscht neu uffgsetzt, musch no ä weng wartä“. Isch mir egal, ich trinke sie kalt, bin froh um das Salz.
Es gab zwei Warteschlangen. Einmal zum isotonischen Getränk: Eistee. Die andere Schlange führte zum aktuellen Stempel mit dem „A“ für Altenrhein.
Die lange Getränkeschlange war interessanter. Der sehr freundliche Versorgungswart war mit der ständigen Produktion des Eistees voll ausgelastet. Das geschätzt 70 Liter-Kunststofffass auf dem Tisch konnte gar nicht so schnell befüllt gehalten werden, wie das klebrige Zuckerzeug unten in die Bidons strahlte. Der hygienisch ansprechende Gartenschlauch mit dem Wasserzufluss war im Dauerbetrieb, das Sirup-Granulat wurde schaufelweise dazugegeben und zum Umrühren wurden kräftige Arme gebraucht. Ich war froh drum. Bei der nächsten Etappe konnte ich mich damit dem vermehrt aufkommenden Zündeln der Krämpfe erfolgreich erwehren, bis ins Ziel.
Ja, ich wollte dann auch weiter. Von Altenrhein ging es nun zügig Richtung Westen und Tägerwilen. 44 Km gab die Marschtabelle an. Über Rorschach, Arbon und Romanshorn und die vielen kleinen Orte danach: Uttwil, Kesswil, Scherzingen und wie sie alle heißen. War sehr schön zu fahren bei angenehmer Nachmittagssonne. Bei Bottighofen zeigte der Tacho 146 Km an, mein Eistee ging mir langsam aus.
In den Ortschaften ging es immer wieder bergauf bis es dann auf einmal da stand: Das Ortschild von Tägerwilen, noch 300m, rechts runter zum Ziel auf dem Sportgelände des hiesigen FC. Da war mächtig Betrieb, viele Menschen, viele Rennräder. Ich holte mir meinen letzten Stempel, die Silber-Medaille und eine kleine Überraschung ab: Ein eiweißhaltiges Müsligranulat als Werbegeschenk. Ich sag´s euch: Stempel und Medaille werden überbewertet. Das Werbegeschenk habe ich sofort geöffnet und das Granulat trocken weggeatmet. Nach Grillwurst war es mir nicht und das verdiente Bier zu trinken war nicht drin.
Habe die Firmen-Radgruppe „Adler-Schinken-Bonndorf“ nochmals getroffen und ein Gruppenbild für sie gemacht. Die mussten noch weiter. Ein Teil nach Meersburg, wo ihre Silber-Gruppe den Einstieg hatte, die Profis fuhren nach Stein am Rhein, war für einen Teil der Gruppe Einstieg der Gold-Tour (220 Km). Respekt!
Fazit für meinen heutigen Tag: Es war ein fantastischer und anstrengender Tag, tolles Erlebnis. Meine härteste Tour des Jahres. Hat absolut Spaß gemacht. Bin ja alleine gefahren, kann mich aber durchaus mal mit mir selbst beschäftigen UND: Über den Tag kommst Du ja immer mit allen möglichen Radlern in Kontakt.
Sei es der unglaubliche Zufall mit dem Felix vom Abula-Pass. Dann den mir bekannten, ehemaligen Lauchringer Jugendtrainer, der mit seinem Firmenteam unterwegs war. Die mir unbekannten, französischen Radsportfreunde, die mich im Bregenzer Abschnitt ins Schlepptau nahmen, so lange ich folgen konnte. Tolle Stimmung, toller Event, tolles Wetter und alles gut gegangen, keine Panne. Die Vorbereitung mit komplett neuer Kurbelgarnitur und neuen Reifen hatte sich gelohnt. Aber es war entschieden: Den Klausen-Pass am morgigen Sonntag werde ich nicht fahren.
Exkurs BRM – Bodensee-Radmarathon
Diese Bodenseerunfahrt findet jedes Jahr am 1. oder 2. Samstag im September statt, also gegen Saisonende. Bin ich schon vielfach gefahren. Am Anfang mit Bernd Siebold, durch den ich erst zu diesem Event kam. 1989 und 1990 fuhren wir die Gold-Tour also 220 Km von Stein am Rhein nach Stein am Rhein. Dann erst wieder 2009 bis 2010 die Gold-Tour, 2011 die Silber-Tour. 2015 die Silber-Tour, dann längere Zeit nicht und gestern wieder einmal die Silber-Tour. Das Thema ist immer der Bodensee, obwohl die eigentliche Strecke in Teilbereichen immer wieder mal angepasst wird und gar nicht so nah am See ist. Hier geht es zur dazugehörigen Website - Nur zur Info.
Tourenverlauf
Touren-Klassifikation = XXL+
XXL steht heute für die Strecke von 152 Km!+ steht für die Höhenmeter, von denen es heute etwa 1100 gab
| Legende zur Tourengröße |
| M = bis 40 KM | L = bis 80 KM | XL = bis 120 KM | XXL = größer 120 KM |
| + = größer 1000HM | ++ = größer 2000HM |
Teilnehmer
Martin Ruppelt (Jahrgang 1962). "Ein-Mann-Gruppe".




